Esslinger Zeitung, 16./17.01.93 
                Wenn Odysseus mit dem Roller fährt 
                "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" dreht Film - Griechen 
                überlisten Trojaner mit einer Mülltonne 
                Köngen - Die ältere Dame, die den Kinderwagen am Friedhof entlangschiebt, 
                bleibt entsetzt stehen. Da liegt ein äußerst merkwürdig bekleideter 
                junger Mann mit einem Schwert in der Hand auf dem kalten Asphalt 
                und macht Schwimmbewegungen. Dahinter stehen fünf Jugendliche, 
                die mit sichtlichem Vergnügen aus fünf Wasserschläuchen gnadenlos 
                auf ihn einspritzen. 
              Kenner 
                der Köngener Szene machen sich sicher schon einen Reim aus der 
                Szene, die vom Dach des Feuerwehraautos gefilmt wird: Der "Verein 
                gegen unterdrückte Lebendfreude" - immer für eine verrückte Nummer 
                gut - hat auch hier die Finger im Spiel. Jochen Maier und seine 
                Kumpels drehen die letzte Szene ihres jüngsten Films, der den 
                Namen "Odyssee" tragen wird. 
                "Du misch mehr schwimma, des missa mr nommol drea", weist Regisseur 
                Jochen Maier, gut zu erkennen am Faßbinderschen Hut, seinen Odysseus 
                an. Odysseus sieht gar nicht griechisch aus, eher mitteleuropäisch-unausgeschlafen. 
                Im verstrubbelten rotblonden Haar ringeln sich, gar nicht antik, 
                ein paar Dreadlocks. Bekleidet ist er - unsichtbar - mit einem 
                Neoprenanzug wegen der Nässe und - sichtbar - mit einer Toga aus 
                Plastik wegen der Echtheit. Nach der Aufnahme steckt sich der 
                Homersche Held erst einmal eine Zigarette an. 
              Unbezahlte 
                Feuerwehrabgabe 
                Im richtigen Leben heißt Odysseus Thomas Stöcklmayer, besser bekannt 
                als Stockl. Stockl, der gewaltig flucht, muß sich deshalb bei 
                wenigen Graden über Null völlig durchnässen lassen, weil Odysseus 
                laut Drehbuch während seiner langen Irrfahrt keine Feuerwehrabgaben 
                bezahlt hat. Bei seinem Versuch, am Strand von Ithaka zu landen, 
                erhielt er eine kräftige Wasserbegrüßung der wackeren Whrmänner, 
                dargestellt von den begabten Nachwuchsmimen der Köngener Jugendfeuerwehr, 
                die von ihrem außergewöhnlichen Auftritt offenbar begeistert sind: 
                "So rumspritzen dürfen wir ja sonst nie!" 
                "Na ja, wir haben die Odysseus-Geschichte eigentlich ziemlich 
                neu interpretiert", gibt Jochen Maier zu. So hatte die edle Gestalt 
                aus der Sage Begegnungen mit Verkehrsminister Krause, dem türkischen 
                Söldner Döner Kebab und mit Domestica, dem 
                Weißen. 
                Odysseus landet in der Karibik, auf der Insel Ostfiloros und umschifft 
                Carybdis, den gefährlichen Sprudel. Troja, haben die Jungfilmer 
                herausgefunden, wurde auch nicht durch das hölzerne Pferd überlistet 
                - die Griechen drangen nach den jüngsten Recherchen per Mülleimer 
                in die Festung vor. Ach ja, der antike Recke ist auch nicht per 
                Schiff unterwegs, sondern mit dem Roller. "Das mit dem Drehbuch, 
                das hat sich halt immer so ergeben, die besten Sachen fallen einem 
                immer beim Filmen selbst ein", meint Jochen Maier. "Sehr frei 
                nach Homer" dürfte wohl der passende Untertitel sein. Eineinhalb 
                Jahre hat Kameramann Reinhardt Lamparter meist an Wochenenden 
                seine Videokamera auf die aberwitzigsten Szenen gehalten 20 bis 
                30 Personen gehören zum harten Kern des Filmteams, eine Sequenz 
                jedoch wurde gar mit 150 Statisten gedreht.
                Jetzt, da die letzte Szene im Kasten ist, gehen die Lebensfreudigen 
                mit 30 Stunden Filmmaterial an den Schneidetisch. Nun gilt es 
                eine Menge wüster 
                Szenen sinnvoll miteinander zu verbinden, außerdem muß noch nachvertont 
                
                werden. Kein Problem laut Maier: "Wenn man 
                nicht mehr weiter weiß, bringt man halt einen Gott ins Spiel. 
                Es gibt ja 
                 
                genug davon." Dann kommt die große Stunde von Oli Valet, der als 
                Erzähler auch den Göttern seine Stimme leiht. 
                
              Reime 
                besser als Bilder 
                Apropos Text: Was da an Gesprochenem auf die Besucher des Films 
                zukommt, schlägt die Bilder noch um Längen. Es wird gereimt, was 
                das Zeug hält und die Ergebnisse sind von dieser Güte: "Ich komm 
                von Ithaka in der Ägäis, hab aber keine Ahnung, wo das gwä is." 
                Für April ist die Premiere des jüngsten Machwerks des verrückten 
                Vereins vorgesehen. Und die soll richtig professionell mit Vorfilm 
                und Werbung über die Bühne gehen. 
                
              Hans 
                Dampf in allen Gassen 
                Köngen - Der Film Odysseus ist nicht der erste Streifen, mit dem 
                die Köngener 
                Furore machen. In der Vergangenheit drehte 
                das Team "Destination Suloland oder wo bleibt die Message?", "Zwutzels 
                - ihr größtes Abenteuer" und "Star Dreck V - Commander Frutz in 
                Mad Mission". Eines ist allen gemeinsam: Sie dürfen auf keinen 
                Fall ernst genommen werden. 
                Der "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" hat auch schon mit 
                anderen 
                außergewöhnlichen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Die Steinskulpturen, 
                die an einigen Stellen in Köngen die Blicke auf sich ziehen, gehen 
                auf das Konto der Lebensfrohen. Bei der ersten "Roller-Trophy" 
                sind im Sommer vergangenen Jahres 80 Jugendliche von Köngen ins 
                österreichische Klostertal gerollert. 
              
              Esslinger 
                Zeitung 
                "Odysseus" ist noch unterwegs 
                Köngen - Freunde der experimentellen Filmkunst aus Köngen müssen 
                sich gedulden: Die Premiere des Werks "Odysee", abgedreht vom 
                "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" 
                (die EZ berichtete), kommt erst im Winter. Einen Vorgeschmack 
                auf den neuen Zelluloidstreifen 
                gibt's jedoch im Rahmen der Kultfilmwoche im Nürtinger "Kuckucksei": 
                dort 
                zeigen die Lebensfreudler ihre bisher 
                entstandenen Filme. Los 
                geht's mit "Destination Suloland - oder Wo bleibt die Message?" 
                Am Donnerstag folgen: "Zwutzels - Ihr größtes Abenteuer" (21 Uhr), 
                "Stardreck 5 - Commander Frutz in Mad Mission" (22 Uhr) und Kurzfilme 
                (23 Uhr). Am Freitag flimmern über die Leinwand: "Rollertrophy" 
                (21 Uhr), "Animationsfilme von Hens Schwarz und Jens Kaiser" (22 
                Uhr) und die Welturaufführung von "Der Killerkompost" (23 Uhr). 
                
                Die "Odyssee" sollte eigentlich bereits im Frühjahr ihr Ende gefunden 
                haben. Doch die Schneidearbeiten bei der Geschichte des griechischen 
                Helden geraten zu einem "Mordsgeschäft", so Regisseur Jochen Maier. 
                Derzeit müssen noch Kurzszenen gedreht werden, um Lücken im Ablauf 
                zu überbrücken. Zu den abschließenden Arbeiten gehören auch 
                das Einspielen von Werbeblock und Soundtrack. Ein selbsterfundener 
                Fruchtcocktail, Ruminas mit Namen, steht im Mittelpunkt der Reklame. 
                Für das musikalische Korsett des Films 
                sind Musiker aus der Region verantwortlich.  
                
              
              
              Esslinger 
              Zeitung, 26/27.3.94 
              von Barbara Scherer 
              Odysseus, der Listenreiche, ist endlich gelandet 
              "Schnulli-Film-Productions" hat aus 3,5 Kilometern Videoband einen 
              130 Meter langen Film gefertigt 
              Köngen - Sie haben es endlich geschafft: Nach immerhin zweieinhalbjähriger 
              Drehzeit ist das Filmwerk "Odysseus, der Listenreiche" des Köngener 
              Vereins gegen unterdrückte Lebensfreude fertiggestellt. Ziemlich 
              genau mit einem Jahr Verspätung haben es die Lebensfrohen geschafft, 
              am Schneidetisch aus 3,5 Kilometern Videoband einen 130 Meter langen 
              Film zusammenzuschnippeln. 
               
               
                Am kommenden Samstag hat der Film im Nürtinger Club Kuckucksei 
                Premiere, vom Sonntag an ist der Streifen im Köngener Jugendhaus 
                zu bewundern. Odysseus ist bereits der vierte größere Videofilm 
                der "Schnulli-Film-Productions" (die EZ berichtete über die Drehaarbeiten). 
                Gedreht haben die Mitglieder des Vereins gegen unterdrückte Lebensfreude 
                an heimischen Orten wie an der A 8 bei Köngen, und beim Neckarhausener 
                Baggersee, wie auch an internationalen Drehorten wie in Dalaas 
                in Österreich. 
                Für ihren Videofilm haben die Lebensfrohen bis zu 150 Mimen und 
                Statisten in tragenden und tragischen Rollen vor die Kamera gerufen. 
                Schaurigschön untermalen Musik und Gesang des Neckartälker Hardchors 
                sie aberwitzigen Szenen. Sehr frei nach Homer haben die Köngener 
                Filmschaffenden den antiken Stoff bearbeitet und - neu interpretiert 
                - in die heutige Zeit übertragen. So hat die edle Gestalt aus 
                der Antike, dargestellt von Thomas Stöcklmayer, auf der Heimfahrt 
                zu seinem Weib Penelope manch widriges Abenteuer zu bestehen: 
                schleimige Zyklopen mit schlechten Tischmanieren, Carybdis, der 
                gefährliche Sprudel, die UN-Friedenstruppen beim Kochen serbischer 
                Bohnensuppe und grausige Ozonlöcher bedrohen ihn. 
              Troja 
                im Mülleimer erobert 
                Nach Meinung des Drehbuchautors Jochen Maier haben die Griechen 
                Troja auch nicht mit einem eingeschleusten Pferd überlistet, sondern 
                per Mülleimer. Im Film sieht man dann genau, wie das damals wohl 
                gewesen sein muß. Doch mehr soll hier nicht verraten werden. Vielleicht 
                nur noch so viel, daß der Streifen ein überraschendes Ende nimmt, 
                daß eine Fortsetzung leicht denkbar wäre. Doch von weiteren Dreharbeiten 
                wollen Jochen Maier und seine Freunde im Augenblick nichts wissen. 
                Zu aufreibend war die Arbeit zu Odysseus, jetzt wollen sie zunächst 
                mal wieder in der Steinkunst tätig werden. Auch wenn die Filmarbeiten 
                anstrengend waren, daß es Mordsspaß gemacht haben muß, sieht man 
                in jeder der verrückten Szenen - auch, daß momentane Launen und 
                Einfälle oft wichtiger als das Drehbuch waren. 
                Genauso spontan ging es zuweilen auf der Suche nach neuen Mimen 
                zu. So spielt im Film ein junger Mann aus Aichtal mit, der an 
                einem schönen Sommertag in aller Unschuld eine Flasche Wein an 
                der Köngener Tankstelle kaufte. Er fiel den Lebensfrohen in die 
                Hände, die ihn auf der Stelle nach Österreich zum Drehen mitnahmen. 
                Er sei in seiner tragischtragenden Rolle phantastisch gewesen, 
                erinnert sich Jochen Maier. Niemand weiß allerdings , wie Manne 
                aus Aichtal sonst noch heißt. Das sei umso bedauerlicher, als 
                man ihn unbedingt auf der Premiere dabei haben wolle: "Also Manne, 
                melde dich!" Daß auch der neue Film, wie in der Vergangenheit 
                schon öfter geschehen, bei Videofilmfestivals keine Beachtung 
                findet, bedauert man bei den Schnullis weniger, viel mehr schmunzeln 
                sie über die Vorstellung, wie die Jury der Berlinale wohl den 
                Rohling "Odysseus" angesehen haben muß. Der kam nämlich kommentarlos 
                zurück. Da werden Erinnerungen an das Werk "Destination Suloland" 
                wach, der als einziger Streifen aus der Produktion der Köngener 
                schon Festivalpreise einfuhr - einen Walkman und ein Buch übers 
                Videofilmen.